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Clubhouse: Interessant oder alles nur Gequatsche?

Eine neue Social-Media-Plattform, die gerade gehypt wird: Natürlich war ich sofort neugierig und habe mich in Clubhouse eingeklickt. Meine Beobachtungen der ersten Tage:

Wie funktioniert Clubhouse?

Die Plattform ist eine App, die per Handy (momentan nur auf i-Phone) als reines Audioformat funktioniert. Man kann sprechen, jedoch nichts schreiben, nichts liken und wird auch nicht gesehen. Letzteres scheinen viele videomüden Menschen besonsers angenehm zu finden — herrlich, wenn man weder sich noch die Wohnung stylen muss, bevor man loslegt. Alles findet in Echtzeit statt. Man kann Bekannten oder interessanten Menschen folgen und bekommt so mit, wenn diese in einer Diskussion beteiligt sind oder eine moderieren. Jeder kann einen Raum eröffnen, ein Diskussionsthema als Überschrift formulieren und abwarten, wer so alles hinzu kommt.

Kein Chaos

Ich hatte erwartet, dass es reichlich chaotisch wird und alle wild durcheinander reden. Doch das ist überhaupt nicht der Fall. Zunächst eröffnet ein oder mehrere Moderatoren den Raum, alle anderen sind nur Zuhörer. Mit Klick auf ein Handzeichen-Symbol kann man signalisieren, dass man sprechen möchte und wird von den Moderatoren auf´s Podium geholt.So bleibt die Anzahl der aktiven Sprecher übersichtlich. Mir fällt auf: Die Gesprächskultur ist überaus angenehm und freundlich. Die Menschen lassen sich aussprechen und gehen wertschätzend miteinander um. Aber vielleicht ist das auch nur in „meinen Gruppen“ so gewesen. Es hängt ja immer von den Menschen ab, die gerade da sind.

Unterschiedlichste Themen und Interessensgruppen

Es gibt etliche Gesprächsräume ohne konkretes Thema, in denen sich das Diskutieren hier leicht üben lässt. Überschriften wie „Eure Lieblingsseiten im Netz“ oder „Was sind Eure Morgenrituale“ laden ein, sich zu beteiligen und das eigene Mikrofon einmal auszuprobieren. Doch es gibt auch extrem interessante Räume zu Themen, die durchaus Jobrelevanz haben. „Bleibt das Homeoffice? Wie sieht die Arbeitswelt nach Corona aus?“ oder „Nachfolge in Familienunternehmen“ versprechen interessante Inhalte. Ich bin immer wieder überrascht, welch spannende Leute sich zu Wort melden und haben mir schon etliche Notizen gemacht von Tipps, Links und Anregungen, die mir neu waren.

Networking und Inspiration

Über die verschiedenen Themen habe ich zahlreiche alte Bekannte wiedergetroffen und auch schon etliche, tolle neue Menschen kennengelernt. Es ist ein wenig wie bei einer re:publica oder dem Websummit: Ein Klassentreffen der „early adopters“ und Inspiration pur. Es ist übrigens auch total interessant, sich mal zu einem eher fremden Thema einzuklinken und einfach nur zuzuhören. So bekommt man auch mal ganz andere Meinungen und Sichtweisen mit und bewegt sich nicht immer nur in der eigenen Filterblase.

Zum Schweigen verdammt

Das Prinzip, dass ich mich melden muss und vom Moderator das Wort erteilt bekommen muss, bevor ich loslegen kann, ist manchmal nur schwer auszuhalten. Laden beispielsweise drei Politiker einer bestimmten Partei zu einem offenen Polittalk ein, könnte es passieren, dass sie nur ihre engsten Gleichgesinnten zu Wort kommen lassen und so der Eindruck entsteht, alle wären hier einer Meinung. Will ich protestieren und komme vielleicht aus Zeitgründen nicht dran, habe ich keine Möglichkeit, meinen Unmut zu zeigen. Höchstens, indem ich den Raum wieder verlasse.

Ganz echt und ehrlich

Das Format lebt von Spontanität in Echtzeit. Dadurch hört man Politiker, Unternehmer oder Prominente auch mal ein wenig anders sprechen als im TV, wo vieles glatt gebügelt und einstudiert wirkt. Versprecher oder technische Pannen gehören dazu. Gestern lauschten beispielsweise rund viertausend Zuhörer über 30 qualvolle Minuten lang, wie Sascha Lobo versuchte, Thomas Gottschalk hörbar zu machen, der mit seiner Technik kämpfte. Es menschelt auf sympathische Weise.

Für Unternehmen interessant?

Definitiv! Wenn man mit Interessensgruppen wirklich ins Gespräch kommen will, bereit ist zuzuhören und Menschen im Unternehmen hat, die gern und gut sprechen können, kann man über Clubhouse vieles in Erfahrung bringen und Sympathiepunkte fürs Image sammeln. Wer allerdings nur „Botschaften in die Welt blasen“ möchte, wird hier wenig Erfolg haben.

Was man wissen sollte:

  • Nur zu, einfach loslegen. Erst mal kann Euch niemand hören. Bevor Ihr zum Sprecher oder zur Sprecherin werdet, braucht es einen Klick der Moderation und einen Bestätigungsklick von Euch. Niemand hört Eure Nebengeräusche, ohne dass  Ihr das wollt. Seid Ihr allerdings zum Mitsprechen bestätigt, ist das Mikro sofort an. Jetzt solltet Ihr Euch manuell muten, wenn Ihr gerade nicht dran seid.
  • Es ist verboten, Talks selbst aufzuzeichnen. Clubhouse zeichnet alle Gespräche erst einmal auf und speichert sie für einen Moment. Wenn sich nun jemand beschwert, weil sich eine Person daneben benommen hat, etwa durch rechtsradikale oder sexistische Äußerungen oder Beleidigungen, kann das überprüft werden und der Missetäter wird gesperrt.
  • Derzeit kommt man nur ins Clubhouse, wenn man der eine Einladung eines Bekannten folgt oder von jemandem bestätigt wird, der schon hier ist. Dieser Mensch bürgt dann in gewisser Weise für uns. Werden wir wegen eines Fehlverhaltens gesperrt, fliegt unser Pate gleich mit raus.
  • Jeder kann sehen, in welchem Raum mit welchem Thema Ihr Euch befindet, wie bei einem Kongress. Überlegt Euch also, wie sehr Ihr Euch mit  Themen wie „Kinderwunsch“ oder „häusliche Gewalt“ identifiziert und damit in Verbindung gebracht werden wollt.
  • Vorsicht, Suchtgefahr! Man kann hier viele Stunden Zeit verbringen, ohne es wirklich gewollt zu haben…