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Corporate Identity: Sinnloses Regelkorsett oder Kompass für eine starke Unternehmenskultur?

Eine echte Last sind die Regeln, die in einem Corporate Identity Handbuch festgeschrieben sind, häufig für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Bis ins kleinste Detail ist penibel festgehalten, wie eine Power-Point-Präsentation des Unternehmens auszusehen hat, wie der Text in der E-Mail-Signatur formuliert sein muss, wie eine Stellenanzeige getextet wird oder welche Farben verwendet werden dürfen. Dabei sind viele Regelwerke längst überholt, ihr Sinn ist nicht erkennbar oder sie passen einfach nicht zur gelebten Kultur.

Bei einem meiner Kunden duzen sich alle Mitarbeiter bis in die oberste Chefetage. Der Kontakt ist direkt und sehr persönlich, man spürt kein Hierarchiedenken. Die Stellenanzeigen des Hauses klingen jedoch, als suchte ein Amt mit gespreizter, altertümlicher Sprache nach einem regelkonform arbeitenden Sachbearbeiter. Die Ansprache ist ein förmliches „Sie“, der Text strotzt vor Substantivmonstern und langen Schachtelsätzen. Kein Wunder, wenn den Bewerber dann der Schlag trifft, sobald er zum Gespräch eingelanden wird und das Haus betritt: Mit Anzug und Krawatte fühlt er sich zwischen Sneaker-Trägerinnen und Hoody-Trägern sichtlich unwohl.

 

Wichtiger als alle Detail-Regeln ist der Überbau

Was sind unsere Werte? Woran orientieren wir uns? Was ist uns besonders wichtig?

Idealerweise haben die Mitarbeiter an der Entstehung eines dieses Überbaus mitgewirkt und konnten sich mit ihren Ideen und ihrer Erfahrung einbringen. Nur, wenn alle hier ein gemeinsames Verständnis haben, passt die Außenwirkung. Kunden und Geschäftspartner haben dann den Eindruck, das Unternehmen wieder zu erkennen und spüren die Besonderheiten der Kultur.

 

Verhalten ist wichtiger als Design und Text

Die Werte sollten Kontrollschablone für jede Handlung und jede Entscheidung sein. Was nützt es, wenn irgendwo was von „Respekt“ und „Fairness“ geschrieben steht, dann aber abgelehnte Bewerber erst nach Wochen einen lieblosen, förmlichen 3-Zeiler als Absage erhalten oder Dienstleister monatelang auf Bezahlung ihrer Leistung warten müssen.

 

Regeln sind nur gut, wenn sie ständig überprüft und aktualisiert werden

Manche Unternehmen sind schon seit Jahren auf Facebook oder Instagram aktiv. Doch die Macher wurschteln orientierungslos herum, weil das Corporate Identity Handbuch nur gedruckte Werbeflyer aber keine Social-Media-Plattformen kennt. Auch haben Mitarbeiter keine Lust, das Corporate Wording auswendig zu lernen, wenn die Geschäftsleitung selbst E-Mails verfasst, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Werte und Leitbilder sollten alle paar Jahre von allen überprüft und überarbeitet werden, damit sie lebendig bleiben.

 

Leicht und klar: die Kommunikation von Regeln muss zu den Mitarbeitern passen

Kein Mensch blättert gern durch dicke Aktenordner, um herauszufinden, wie er eine gute E-Mail schreibt. Wer wirklich möchte, dass CI-Richtlinien bekannt sind und umgesetzt werden, muss erst einmal herausfinden, welches Medium und welche Sprache beim Team gut angkommt. Vielleicht sind Kurzfilme besser als gedruckte Bücher, Bilder auf Postern besser als Kleingedrucktes. Die besten Ideen hierzu haben sicher die Mitarbeiter selbst.

 

Fazit: Weniger regeln, mehr denken! Kommunikation soll Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ja auch Spaß machen.