Mit einem „Ich muss nur noch schnell…“ hechten berufstätige Eltern oft zwischen den Welten Job und Familie hin und her. Mit ein paar kleinen Tricks lässt sich das schlechte Gewissen überlisten…
Seit einigen Jahren biete ich immer wieder den Workshop „Multitasking-Business-Parents“ an und stelle fest, dass sich Dinge über die Jahre wiederholen und anderes sich wandelt. Ich beginne mit einer Veränderung: Zum ersten Mal überhaupt haben sich für dieses Training einmal mehr Männer als Frauen angemeldet! Hurra, wir sind im 21. Jahrhundert angekommen! Die Gesprächsthemen im Workshop haben sich dadurch natürlich verändert. Ich habe gelernt, dass Männer sich darüber ärgern, wenn sie beim Kinderarzt gefragt werden „Ist die Mama gar nicht dabei?“, als ob sie keine geeignete Begleitung für einen Impftermin wären. Andere sind erbost, wenn sie gefragt werden: „Ah, bei Ihnen macht also die Frau die Karriere“. Die Möglichkeit, dass beide sich beides teilen, scheint in manchen Köpfen nicht vorzukommen. Ein anderer Mann riet dann: „Wenn Du Dein Kind immer im Anzug abholst, hören solche Kommentare auf.“ Ich frage mich ja schon, warum Menschen überhaupt die Lebensmodelle anderer dauern kommentieren müssen!
Was sich in meinen Workshops seit Jahren wiederholt, ist das Thema „schlechtes Gewissen“. Viele berufstätige Eltern haben Sorge, dass sie zu wenig für ihre Kinder da sind oder im Job den Eindruck erwecken, sie würden nicht genug geben. Was hier ein wenig hilft:
- Quality-Time: Versuchen Sie mal, an ihre eigene frühe Kindheit zu denken: An welche schönen Momente mit Ihren Eltern erinnern Sie sich? Vermutlich sind es konzentrierte Genuss-Momente wie Geschichten vorlesen, eine kleine Fahrradtour unternehmen, gemeinsam ins Kino gehen, einen kleinen Ausflug machen oder einfach nur gemeinsame Mahlzeiten, zu denen man sich bewusst Zeit nimmt. Man muss nicht 8 Stunden am Stück sein Kind hypnotisieren, um als gute Mutter oder guter Vater durchzugehen. Eine halbe Stunde ganz bewusste Genusszeit genügt — ohne Handy, ohne Fernseher, ohne jede Ablenkung und das Kind steht im Mittelpunkt.
- Open-End-Arbeitslust: Nehmen Sie sich bewusst einzelne Tage, an denen Sie es sich gönnen, ohne Zeitlimit zu arbeiten. Es bringt eine wichtige Qualität in die Teamzusammenarbeit, wenn man nicht dauernd auf die Uhr gucken muss, weil die Kita ein pünktliches Abholen der Kinder erwartet. Auch braucht man manchmal Zeit, um gute Ideen zu entwickeln oder eine Arbeit besonders gut erledigen zu können. Profi-Tipp: Legen Sie diesen wöchentlichen Tag mit „open-end“ immer auf einen anderen Wochentag. So bekommen möglichst viele Kolleginnen und Kollegen ihren Einsatz mit und es entsteht der Eindruck, als wären Sie quasi immer lang da.
- Wollen statt müssen: Verabschieden Sie sich von Ihren Kindern nie mit einem „Ich muss in die Arbeit gehen“ oder „Ich muss das erledigen“. Wenn Sie sagen „Ich will in die Arbeit gehen“, hat ihr Kind viel eher Verständnis, weil es das ja kennt, eine Sache gern machen zu wollen. Außerdem fühlt es sich für einen selbst auch besser an. Und es ist ja tatsächlich eine freiwillige Entscheidung: Wir wollen doch lieber arbeiten, als Sozialhilfe empfangen.
- Kinder zu Komplizen machen: Beziehen Sie (etwas größere) Kinder ruhig in Ihre Jobthemen ein: Erzählen Sie, was Sie gerade beschäftigt, worauf Sie sich freuen oder was Sie erreichen wollen. Und wenn etwas gelingt, kann man das auch mit der Familie feiern! „Drückt mir die Daumen, ich habe heute einen wichtigen Kundentermin. Wenn ich den Auftrag bekomme, dürft Ihr Euch morgen wünschen, was es zum Abendessen gibt.“ Es ist supersüß, wenn Kinder dann mitfiebern und aktiv nachfragen, wie der Termin gelaufen ist.
- Me-Time für alle: Führen Sie in der Familie ein, dass jeder mal das Recht auf „me-time“ hat. Auch Ihre Kinder! Dann darf man ganz egoistisch sein und nur das tun, was einem Spaß macht. Beginnen Sie mit den Kindern und gewöhnen Sie ihnen an, ihre Bedürfnisse zu erkennen und zu äußern. Und ganz automatisch erkennen die Kleinen dann an, dass Mama und Papa auch eine „me-time“ haben dürfen.